Das schwäbische Diminutiv

Glae - abor fae! Dor schwäbische Diminutif



Einzahl - Mehrzahl - Diminutiv


Das (schwäbisch der) Diminutiv gilt als Markenzeichen der schwäbischen Sprache. Aber wussten Sie, dass im schwäbischen Diminutiv zwischen der Einzahlendung –le und der Mehrzahlendung -la unterschieden wird? So lautet zum Beispiel das Häuschen in der Einzahl Heisle und in der Mehrzahl Heisla. Wenn Sie diesen feinen Unterschied heraushören, dann sind Sie ein/e Schwabe/Schwäbin! Prima! Denn dann hören Sie mit einem fein differenzierenden Gehör und erkennen diese Unterscheidung. Rein hochdeutsch Hörende erkennen diesen feinen Unterschied in der Regel nicht; ihre Ohren haben nicht gelernt, ihn wahrzunehmen.

Eine grundlegende und umfassende Studie zum schwäbischen Diminutiv gab es bisher nicht. Aber die Sichtung von hunderten von Substantiven und ihrer Diminutivbildung, verbunden mit dem Vergleich zahlloser literarischer Belege hat klare Regeln für die Diminutivbildung zutage gefördert. Die detailreiche Studie ist findet sich im Buch zur schwäbischen Grammatik

Bild Links: Groß und Klein


Regeln der Diminutivbildung

Bei den allermeisten Substantiven wird die Diminutivendung immer direkt an den Wortstamm angehängt. Dies betrifft ausnahmslos alle Substantive der Endungslosen Klasse, der Gemischten Klasse und der R-Klasse.  

Etwas komplizierter sind die Verhältnisse bei den Substantiven der A-Klasse und der L-Klasse. Bei ihnen entfällt bei der Diminutivbildung das Suffix -a bzw. -l. Die Diminutivendung wird aber je nach Wort entweder direkt an den Wortstamm angehängt oder aber unter Einfügung des Fugenlauts a (der nasalierte a-Leichtlaut). Eine Regel hierfür konnte bis jetzt nicht gefunden werden.

Ebenso verhält es sich bei den Substantiven der E-Klasse. Bei ihnen entfällt bei der Diminutivbildung die Endung e. Die Diminutivendung wird aber je nach Wort entweder direkt an den Wortstamm angehängt oder aber unter Einfügung des Fugenlauts a (der nasalierte a-Leichtlaut). Eine Regel hierfür konnte bis jetzt nicht gefunden werden.  


Variantenreichtum des schwäbischen Diminutivs

Kinder spielen gerne Fangerles (Fange spielen).
Erwachsene unterscheiden zwischen einem Zehner (Geldschein)
und einem Zehnerle (Münze) im Geldbeutel.
Der Apotheker verkauft seine Medikamente pägglesweis (päckchenweise)
und der Arzt verordnet, die Tropfen drebflesweis (tröpfchenweise) anzuwenden.
Der Handwerker ärgert sich über ein Glebborlesgschäfd (lästige Kleinarbeit)
und Senioren bevorzugen Bläamleskaffee (Blümchenkaffee).


Diminutiv bei Ortsnamen


Nachfolgend eine Entdeckung aus dem Urlaub im oberen Lechtal. Das Gebiet dort beiderseits der bairisch-österreichischen Grenze ist schwäbisches Gebiet. Dort finden sich zwei interessante Ortsnamen-Paare, die eindeutige ihre schwäbische Herkunft zeigen:

 

15

 


Name der Hauptgemeinde
im Kreis Weilheim-Schongau

Steingaden - Steingädele

Bei Wörtern mit dem historischen
Suffix -en
, hier "Steingad-en", entfällt dieses bei der Diminutivbildung. Vor dem -le wird bei diesen Wörtern ein Fugenlaut, der nasalierte Leichtlaut a eingefügt. Schriftdeutsch wird er e geschrieben. Dadurch entsteht "Steingäd-a-le". Zusätzlich werden umlautfähige Stammvokale umgelautet, so hier das a zu ä. 



Name des kleinen Weilers, nicht weit vom Hauptort entfernt.


Namen eines Marktes
im Landkreis Ostallgäu

Nesselwang - Nesselwängle

Bei Wörtern ohne Suffix, hier "Nesselwang", wird die Diminutivendung ohne Fugenlaut direkt an das Stammwort angehängt. So entsteht "Nesselwäng-le". Auch werden umlautfähige Vokale umgelautet, also hier das a zu ä.



Name eines Ortes im nahe
gelegenen Bezirk Reutte/Tirol


045