Gsälz - Europäisch gesehen

Gsälz - Eiropäisch gsäa



In Deutschland hält man Gsälz für ein schwäbisch-provinzielles Wort. Ist das richtig? Nein. Es ist ein Wort mit respektablen europäischen Verwandten!





Wenn Sie in Skandinavien in ihrem Hotel frühstücken,
dann steht dort keine Marmelade auf dem Frühstückstisch,
denn dieses Wort gibt es dort genauso wenig wie im Schwäbischen.

Dafür steht in Schweden auf dem Frühstückstisch des Hotels ein "Sylt" (nein, nicht die Insel!) und auf Island steht "Sulta" auf dem Tisch. In Norwegen serviert das Hotel ein "Syltetøy" zum Frühstück, was wörtlich übersetzt so viel heißt wie Gsälzzeug. Aber lassen wir das ...



Worin besteht die Verwandtschaft des schwäbischen Gsälzes mit den skandinavischen Wörtern?
Gehen wir auf die Verwandtschaftssuche!

Erster Schritt: Wir lassen das nur im deutschen Sprachraum vorkommende "ge" weg.

Die Vorsilbe "ge" ist eine unnötige Eigenwilligkeit des deutschen Sprachraums. Alle anderen germanischen Sprachen (Englisch, Niederländisch, skandinavischen Sprachen) kennen dieses "ge" nicht. Lassen wir also zunächst mal das Ge- vom schwäbischen Ge-sälz weg. Dann bleibt in einem ersten Schritt Sälz (nicht Salz!) übrig.

Zweiter Schritt: Wir lassen die hochdeutsche Lautverschiebung weg.

Diese ebenso rein deutsche Eigenwilligkeit hat aus dem germanischen t ein deutsches z oder auch s gemacht. Sie wissen schon: englisch heart ist deutsch Herz und englisch water ist deutsch Wasser.
Damit haben wir in einem zweiten Schritt in Ge-sälz das germanische Sält ausgegraben. 

Dritter Schritt: Wir schauen nach Skandinavien.

Dort treffen wir auf dem Frühstückstisch auf Sylt, Sulta und Syltetøy (u ist in Skandinavien oft zu ü/y geworden). Und wenn Sie jetzt an das schwäbische Wort Sulz denken, dann sind Sie bei dem allernächsten Verwandten von Ge-sälz angelangt. "Sulz" gibt es nämlich im Schwäbischen auch nach einem Schneefall auf der Autobahn, wenn der Schnee durch Autos zu Matsch gefahren wird. Schwäbisches Ge-sälz ist also begrifflich so etwas wie "Ge-matsch".

Vierter Schritt: Wir klären die Entstehung des "ä" in Gsälz

Jetzt wird´s ein bisschen kompliziert:
a)  Nach schwäbischen Lautgesetzen ist der Umlaut zu u ein i. Aus "Sulz" wird also zunächst "Silz" (ähnlich wie hochdeutsch i: Aus Wetter wird "Gewitter" und aus Berg "Gebirge"). Im Schwäbischen isst man übrigens gerne ein "Silzle" zum Vesper.
b)  Vor einem Liquid-Laut (Liquide sind das r und l) neigt das Schwäbische dazu, ein i zu ä einzufärben (so wird zum Beispiel aus althochdeutsch "dirfen" neuhochdeutsch zwar "dürfen", aber hochschwäbisch "därfa"). Aus dem i in "Ge-silz" wird schwäbisch also das ä in "Ge-sälz".



Die Skandinavier schmieren sich mit ihrem "Sylt" wörtlich einen "Matsch" aufs Frühstücksbrot,
die Schwaben dagegen mit ihrem "Ge-sälz" gleich ein ganzes "Ge-matsch".  




P. S.: Einen herzlichen Dank an die Kollegin auf Wikipedia,
die eine Spezialistin für Schweden und Skandinavien  ist
!

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