Männlich oder weiblich?
Viele kennen den Unterschied zwischen dem süddeutschen der Butter und dem norddeutschen die Butter. Darüber sind schon ganze Romane geschrieben worden. Auch wenn der Duden sich blind und taub stellt: Das weibliche die Butter ist ein norddeutscher dialektaler Ausreißer.
Das Hochdeutsche zickt hier und in vielen anderen Fällen herum und hat zahllose Geschechtsumwandlungen betrieben. Das "Deutsche Wörterbuch" der Brüder Grimm (die so genannte "Bibel der Germanisten") weißt für jedes dieser Wörter das eigentlich richtige Geschlecht explizit nach.
Schwäbisch ist beim Geschlecht vieler Wörter sogar europafreundlich: Der Schoklad, der Karren, das Cola, das Schorle - auch hier hat das Schwäbische (und mit ihm herkömmlich der ganze süddeutsch-österreichisch-schweizerische Sprachraum) das europaweit übliche und richtige Geschlecht bewahrt.
Noch ein zwei Beispiele, die ich selbst erlabt habe:
"Der" Album
"Der" Brennnessel
Insgesamt gibt es im Schwäbischen über 100 weitere Wörter mit einem anderen Geschlecht als im Hochdeutschen. Allein 70 davon gehen auf das Konto „Deutsch weiblich - Schwäbisch männlich″. Hinzu kommen zusätzlich auch ganze Wortgruppen, die schwäbisch ebenfalls ein anderes Geschlecht besitzen, so sind hier z. B. die Buchstaben, die Ziffern und die Liniennummern im öffentlichen Verkehr männlich, wie in fast allen europäischen Hochsprachen auch.
Es ist das in allen diesen Fällen allein Hochdeutsche, das aus unerfindlichen Gründen im Spätmittelalter das Geschlecht dieser verändert hat - nicht das Schwäbische! So wurde aus dem Butten, dem Waden, dem Socken, dem Zehen usw. dialektal norddeutsch die Butte, die Wade, die Socke, die Zehe usw.
Auch wenn die Lehrkräfte an den Schulen und der Duden es nicht wahrhaben wollen: Das ist norddeutscher Eigensinn, aber kein qualitätvolles Hochdeutsch.
Noch eine Besonderheit: Schwant Ihnen etwas?
Wirtshausbesuchern fällt im Urlaub in Süddeutschland manchmal auf, dass man in einigen Gegenden in „die Schwane" geht, und nicht in „den Schwanen", zum Beispiel in Meßstetten (Bild links) und in der weiteren Umgebung in "die Schwane".
Wir stoßen da auf eine alte Geschichte: In der spätgermanischen Zeit, als unsere Vorfahren mit den Römern im Teutoburger Wald kämpften, war dieser Vogel noch weiblich. So ist das Wort auch in das Althochdeutsche übernommen worden. In mittelhochdeutscher Zeit allerdings wurde in einigen deutschen Gebieten (Sie ahnen es schon ...) sein Geschlecht verändert: Es wurde männlich. Im Schwäbischen findet sich beides.
Anders dagegen im mittleren Württemberg: Da geht man in "den Schwanen", zum Beispiel in Neckartailfingen im Kreis Esslingen (Bild links unten).
Das „Deutsche Wörterbuch“ der Brüder Grimm schreibt lediglich (ich gebe seine verklausulierten Formulierungen in heutigem Deutsch wieder): „Ein Femininum existiert ... im Rheinland und Westfalen, auch im Hessischen.“
Die beiden Brüder Grimm scheinen demnach keine häufigen Wirtshausbesucher gewesen zu sein, jedenfalls nicht in Süddeutschland. Sonst hätten sie gewusst, dass man auch im Südwestschwäbischen zum Essen „in die Schwane“ geht, und am Main seinen Wein ebenfalls „in der Schwane" trinkt.